Digitalsustainable

Das Duett zwischen Digitaler Transformation und Nachhaltigkeit

Sustainability Challenge

Sustainability Challenge: Pferdegnadenhof

Im Rahmen der Sustainability Challenge der HSBA führte mich meine Aktivitätsspende auf den Pferdegnadenhof Friedrichsruh. Der Hof in der Nähe von Hamburg gibt alten, kranken oder nicht mehr gewollten Pferden ein sicheres Zuhause, wobei er hauptsächlich durch Spenden und Ehrenamtliche getragen wird. Mir wurde bei meinem Einsatz schnell klar: Hier zählt jede helfende Hand. Misten, Füttern, Pferde versorgen, Futter vorbereiten, Heuballen tragen, die Aufgaben waren vielfältig und körperlich anstrengend. Besonders interessant war für mich die Unterstützung bei tiermedizinischen Maßnahmen, zum Beispiel das Verabreichen von Medikamenten, die Behandlung von Hufkrankheiten oder das Fiebermessen bei Pferden. Neben der täglichen Versorgung spielte auch die Arbeit mit Menschen eine große Rolle. Hier war es besonders schön, dass ich Wissen an Paten weitergeben konnte, die wenig, bis gar keine Erfahrung mit Pferden hatten. Viele Tierpaten kommen regelmäßig auf den Hof und helfen aktiv mit. Gemeinsam mit ihnen habe ich Ponys geputzt oder Spaziergänge begleitet. Die wertschätzende und inklusive Zusammenarbeit hat mich hier besonders begeistert und beeindruckt, da auch Helfer und Paten mit Beeinträchtigungen auf dem Gnadenhof engagiert sind. Die Vielfalt an Aufgaben zeigte sich auch, als ich an einem Wochenende kurzfristig auf einem Weihnachtsmarkt eingesetzt wurde, um am Crêpe-Stand mitzuhelfen. Hintergrund war, dass viele Helfer krankheitsbedingt ausfielen und der Hof auf solche Einnahmen angewiesen ist. Diese Flexibilität gehört zum Alltag auf dem Hof genauso dazu wie das Improvisieren bei Wind und Wetter. Herausfordernd waren für mich, neben dem Wetter in den Wintermonaten, die langen Anfahrtswege von der Hamburger Innenstadt aus sowie die fehlenden sanitären Anlagen auf dem Hof, weswegen ich oft darauf geachtet habe, wenig zu trinken. Trotzdem war die Stimmung auf dem Hof immer positiv und lösungsorientiert und die Aufgaben habe ich gerne übernommen. Nahe ging mir bei meiner Challenge besonders das Schicksal des Ponys Ricky, um das ich mich viel gekümmert habe, das schließlich aufgrund von Krankheit eingeschläfert werden musste. Gleichzeitig hat mir das aber auch gezeigt, wie wichtig Gnadenhöfe sind, um Tieren überhaupt erst eine (letzte), gute Zeit zu ermöglichen. Die Aktivitätsspende konnte mir insgesamt zeigen, dass Nachhaltigkeit auch bedeutet Verantwortung zu übernehmen, Wissen zu teilen und gemeinsam für Wohlergehen einzutreten, aber auch, wie groß die Wirkung von freiwilligem Engagement sein kann. Ich konnte nicht nur helfen, sondern auch selbst etwas mitnehmen, vor allem in Bezug auf Tierwohl und Teamarbeit. Aus diesem Grund finde ich es wirklich toll, dass wir im Rahmen unseres Masterstudiums Digital Transformation & Sustainability die Möglichkeit der Challenge haben und hier durch nachhaltiges Engagement etwas zurückgeben können. Autorin: Elisa Bartsch, DTS23

Mein Perspektivwechsel im Tierheim

Als Studierende im Masterstudium „Digital Transformation & Sustainability“ beschäftigen wir uns oft mit großen Fragen: Wie gelingt der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit? Welche Rolle spielen digitale Technologien bei der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft? Und wie können wir als zukünftige Fach- und Führungskräfte Verantwortung übernehmen und wirksam handeln? Die Sustainability Challenge ist in diesem Kontext ein ganz besonderer Bestandteil des Curriculums – denn sie verlässt den Raum der Theorie und zwingt uns buchstäblich dazu, mit anzupacken. Meine Aktivitätsspende führte mich zum Tierschutzverein Elmshorn und Umgebung e.V. – eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Aufnahme, Pflege und Vermittlung von Fund- und Abgabetieren einsetzt. Meine Aufgabe dort war schnell umrissen: 40 Stunden körperliche Arbeit, größtenteils bestehend aus dem Spülen hunderter Futternäpfe und dem Reinigen von Zwingern. Keine anspruchsvollen Tools, keine Workshops, keine Teammeetings. Stattdessen: Gummistiefel, Desinfektionsmittel und ein klarer Arbeitsplan. Zu Beginn empfand ich diese Aufgabe ehrlich gesagt als enttäuschend. Ich hatte gehofft, durch emotional fordernde Situationen und neue Herausforderungen über mich hinauszuwachsen. Stattdessen war ich mit Routinetätigkeiten konfrontiert, die mich weder geistig forderten noch einen klaren Lernfortschritt erkennen ließen. Ich fragte mich, wie diese Arbeit, so sinnvoll sie objektiv auch sein mochte, zu meinen persönlichen Lernzielen beitragen sollte. Doch dann hatte ich einen Moment, der meine Perspektive veränderte. Über der Tür zur Küche, meinem täglichen Arbeitsplatz, hing ein einfaches Schild mit der Aufschrift: „Alles für das Tier“. In einem kurzen, stillen Moment wurde mir bewusst, dass es hier nicht um mich ging. Nicht um meine Ziele, nicht um meinen Lernerfolg, nicht um meine persönliche Entwicklung. Sondern darum, dass ich gebraucht wurde. Diese Erkenntnis war tiefgreifender, als es jede noch so ausgefeilte Methodik je hätte leisten können. Die Sustainability Challenge ist damit weit mehr als ein praktisches Modul. Sie ist ein radikaler Perspektivwechsel. Wir lernen nicht durch Vorträge, sondern durch Verantwortung. Durch das Erleben von Selbstzurücknahme in einem System, das auf unsere Mithilfe angewiesen ist. Das ist gelebte soziale Nachhaltigkeit. Und es ist ein wertvoller Kontrast zum oft ich-zentrierten Ansatz des Selbstoptimierens, der auch in Hochschulkontexten zunehmend Einzug hält. Eine weitere Erkenntnis, die ich aus meiner Zeit im Tierheim mitgenommen habe, betrifft die Bedeutung des sozialen Miteinanders. Die Kommunikation mit den Mitarbeitenden war auf das Nötigste beschränkt, Gespräche über Persönliches fanden kaum statt. Dadurch wurde mir bewusst, wie sehr ich zwischenmenschliche Interaktion als Teil eines erfüllenden Arbeitsalltags schätze, ein Aspekt, den ich für meine eigene berufliche Zukunft nicht mehr unterschätzen werde. Rückblickend war die Entscheidung für diesen Einsatzort genau richtig. Nicht, weil er mir das geboten hat, was ich erwartet habe – sondern gerade, weil er das nicht tat. Die Sustainability Challenge zeigt, wie kraftvoll Lernen sein kann, wenn wir aufhören, alles durch unsere eigene Brille zu betrachten. Wer bereit ist, sich zurückzunehmen, kann in diesen Momenten die vielleicht wertvollsten Lektionen überhaupt lernen: Demut, Einsatzbereitschaft und die Fähigkeit, auch dann Verantwortung zu übernehmen, wenn niemand zuschaut. Autor: Lennart Scherbath DTS23

Ein Ehrenamt aus Buchstaben: Mein Einsatz als Lesementorin

Freitagmorgen, 8 Uhr. Die zehn Schüler und Schülerinnen der Kombiklasse 1-2 werden von ihrer Lehrerin mit einem High Five begrüßt, wer möchte auch mit Umarmung. Auf dem White Board läuft ein Winnie Pooh-Filmchen mit fröhlicher Hintergrundmusik. Einige Kinder winken dem orangefarbenen Bären zu und setzen sich auf ihre Stammplätze. Nach einer kurzen Morgenrunde, wo der anstehende Tag besprochen wird, frühstücken die Kinder gemeinsam und starten in die erste Unterrichtsstunde. Jedoch nicht alle: Für einige steht die individuelle Leseförderung auf der Agenda! PISA-Studie attestiert: Krise im Klassenzimmer! Gemäß Ergebnissen der letzten, 2022-veröffentlichten PISA-Studie liegt die Lesekompetenz deutscher Schüler und Schülerinnen so niedrig wie nie zuvor. Gründe hierfür sind Versäumnisse aufgrund von Schulschließungen während der COVID-19-Pandemie, eingeschränkten Förderangeboten aufgrund von Online-Unterricht, eine mögliche familiäre Migrationshistorie, die das Erlernen der deutschen Sprache erschweren sowie fehlende Zeit seitens berufstätiger Eltern für gemeinsames Lesen (OECD 2023). Die Ergebnisse sind für ein Land wie Deutschland, das sich Fachkräftemangel und wirtschaftlicher Stagnation konfrontiert sieht, alarmierend. Die Bildung nachfolgender Generationen MUSS oberste Priorität haben. Lesen stellt dabei die absolute Basiskompetenz dar! Gemeinsam lesen, gemeinsam wachsen: Wie Lesevereine die Lesekompetenz stärken „MENTOR – die Leselernhelfer HAMBURG e. V.“ ist eine von vielen Initiativen, die sich dieser Herausforderung annehmen. An 128 Schulen im Hamburger Stadtgebiet engagieren sich rund 860 Ehrenamtliche als Lesementoren bzw. Lesementorinnen, zu denen ich mich sechs Monate lang zählen durfte (MENTOR Hamburg 2024). Meine Aktivitätsspende im Rahmen des Moduls „Sustainability Challenge“ absolvierte ich am ReBBZ – kurz für: Regionales Bildungs- und Beratungszentrum – in Wandsbek-Süd. Jeden Freitagvormittag las ich fortan mit vier unterschiedlichen Lesekindern für jeweils eine Stunde. Die Lesestunden waren eine Abwechslung aus gemeinsamen Geschichtenlesen und darüber sprechen, neue Geschichten ausdenken, teilweise malen, spielen, manchmal Hausaufgaben machen, manchmal Seelsorgerin sein und manchmal alles zusammen. Während meiner Zeit als Lesementorin entwickelte ich großen Respekt vor dem Beruf des Lehrers bzw. der Lehrerin, die allesamt hervorragende und für unsere Gesellschaft so essenzielle Arbeit leisten! Mein fehlendes pädagogisches Vorwissen erschwerte mir den korrekten Umgang mit den Verhaltensweisen der Lesekinder und stellte durchaus eine Hürde für den Erfolg der Lesestunde dar. Trotzdem bin ich stolz auf die Kinder, die im letzten halben Jahr nicht nur Fortschritte im Lesen gemacht haben, sondern durch das Lesen neue Interessen für sich entdecken konnten. Der Einsatz am ReBBZ hielt mir außerdem meine eigenen Privilegien wie ein Spiegel vor. Hierfür Schuldgefühle zu entwickeln ist jedoch wenig hilfreich. Vielmehr möchte ich in Zukunft dieses neu gewonnene Bewusstsein nutzen, um Ungerechtigkeiten gerade im Bildungsbereich zu bekämpfen. Freitagvormittag, 11:30 Uhr: „Können wir nächste Woche weiterlesen?“ Die Augen des Lesekinds glitzern bei dem Gedanken an die nächste Lesestunde. „Na klar!“, entgegne ich. „Nächste Woche beginnen wir mit dem zweiten Band!“ Und damit flitzt das Lesekind in die wohlverdiente Pause… Quellen: MENTOR Hamburg e. V. 2024. „Herzlich Willkommen bei MENTOR Hamburg e. V.“ MENTOR Hamburg e. V. Zuletzt aufgerufen am 19.06.2024. https://www.mentor-hamburg.de/ OECD. 2023. „Aktuelles.“ Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zuletzt aufgerufen am 19.06.2024. https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/   Autorin: Leonie Weigert, DTS22

Erhöhung des Frauenanteils in IT-Berufen

Der Frauenanteil in IT-Berufen beträgt aktuell lediglich 19% und das, obwohl Frauen einen Anteil von 48% an allen Erwerbstätigen ausmachen (Bundesagentur für Arbeit 2022; Eurostat 2022a). Diese Zahlen zeigen: Wir müssen mehr Frauen für IT-Berufe gewinnen und den IT-Beruf für Frauen attraktiv gestalten, um sie in den Berufen halten zu können. Im Rahmen einer Forschungsarbeit haben wir daher untersucht, welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen, um den Frauenanteil in IT-Berufen zu erhöhen. Warum muss sich der Frauenanteil in IT-Berufen erhöhen? Die bisherige Forschung nennt vor allem drei Gründe: Den IT-Fachkräftemangel, die Vorteile gendergemischter Teams sowie die Notwendigkeit, Frauen vor dem Hintergrund der Geschlechtergleichheit Zugang zu den Vorteilen von IT-Berufen zu ermöglichen. Aus Unternehmensperspektive steigt mit der wachsenden Bedeutung von IT in Folge der digitalen Transformation auch die Anzahl der zu besetzenden IT-Stellen und damit die Nachfrage nach IT-Fachkräften (Gorbacheva et al. 2018). Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wird größer, wenn nicht mehr Frauen rekrutiert werden können (Trauth 2011; Gorbacheva et al. 2018; Jiang 2021). Außerdem können gendergemischte Teams die Team-Performance erhöhen, da Frauen ergänzende Fähigkeiten einbringen (Guerrier et al. 2009; Woolley et al. 2010; Annabi und Lebovitz 2018). Ebenso können gendergemischte Teams die Qualität des entwickelten Produktes verbessern, indem sie die Bedürfnisse und Interessen einer diversen Konsumentenbasis umfassender abdecken (Trauth 2011). Darüber hinaus erhalten Frauen über IT-Berufe Zugang zu zukunftsfähiger und gut bezahlter Arbeit. Diese Vorteile sollten Frauen vor dem Hintergrund der Geschlechtergerechtigkeit nicht verwehrt sein (Trauth 2011; Gorbacheva et al. 2018). Welche Maßnahmen können den Frauenanteil in IT-Berufen erhöhen? In unserer Forschungsarbeit konnten wir eine Reihe an Maßnahmen identifizieren, welche den Frauenanteil in IT-Berufen erhöhen können. Wichtig ist zu erwähnen, dass die Erhöhung des Frauenanteils in IT-Berufen ein Prozess ist, der einen Maßnahmenmix braucht, welcher von der Führungsebene langfristig umgesetzt werden sollte. Die am häufigsten genannten Maßnahmen sind im Folgenden zusammengefasst. Zunächst muss Aufklärung über den IT-Beruf erfolgen, da ein falsches Bild darüber vorherrscht, welche Tätigkeiten ein IT-Beruf umfasst. Die stereotype Sicht auf den IT-Beruf verhindert, dass Frauen einen IT-Beruf für sich in Betracht ziehen. Auffällig ist, dass Frauen in IT-Berufen selbst eine Maßnahme darstellen können. Denn es braucht mehr Vorbilder, um Frauen zu inspirieren und zu ermutigen, sich den IT-Beruf zuzutrauen. Weibliche Vorbilder erzeugen außerdem einen Pull-Effekt und ziehen weitere Frauen an. Unternehmen sollten daher dafür sorgen, die Sichtbarkeit von Frauen in IT-Berufen zu erhöhen, bspw. durch Veranstaltungen oder Networking-Events. Um fehlendem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entgegenzuwirken, braucht es außerdem gezielte Ermutigung und Zuspruch bspw. von Führungskräften oder Kollegen/-innen. Frauen sollten durch persönliche, direkte Ansprache ermutigt werden, einen IT-Beruf anzutreten. Ebenso sind Unternehmen gefragt, einen Kulturwandel voranzutreiben und die Arbeitsbedingungen für Frauen in IT-Berufen zu verbessern. Denn eine angenehme und diskriminierungsfreie Arbeitsatmosphäre ist entscheidend, um Frauen in IT-Berufen halten zu können. Quellen: Annabi, Hala und Sarah Lebovitz. 2018. „Improving the Retention of Women in the IT Workforce: An Investigation of Gender Diversity Interventions in the USA“. Information Systems Journal 28 (6): 1049–1081. https://doi.org/10.1111/isj.12182. Bundesagentur für Arbeit. 2022. „Anteil von Frauen und Männern in verschiedenen Berufsgruppen in Deutschland am 30. Juni 2021 (sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte)“. Statista. [Zugriff am 27. Februar 2024]. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167555/umfrage/frauenanteil-in-verschiedenen-berufsgruppen-in-deutschland/. Eurostat. 2022. „Employed ICT specialists by sex“. [Zugriff am 27. Februar 2024]. https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/submitViewTableAction.do. Gorbacheva, Elena, Jenine Beekhuyzen, Jan vom Brocke und Jörg Becker. 2018. „Directions for Research on Gender Imbalance in the IT Profession“. European Journal of Information Systems 28 (1): 43–67. https://doi.org/10.1080/0960085X.2018.1495893. Guerrier, Yvonne, Christina Evans, Judith Glover und Cornelia Wilson. 2009. „‘Technical, but Not Very….’: Constructing Gendered Identities in IT-Related Employment“. Work, Employment and Society 23 (3): 494–511. https://doi.org/10.1177/0950017009337072. Jiang, Xuan. 2021. „Women in STEM: Ability, Preference, and Value“. Labour Economics 70 (Juni): 101991. https://doi.org/10.1016/j.labeco.2021.101991. Trauth, Eileen. 2011. „What can we Learn From Gender Research? Seven Lessons for Business Research Methods“. Electronic Journal of Business Research Methods 9 (1). Online verfügbar unter: www.ejbrm.com Woolley, Anita Williams, Christopher F. Chabris, Alex Pentland, Nada Hashmi und Thomas W. Malone. 2010. „Evidence for a Collective Intelligence Factor in the Performance of Human Groups“. Science (New York, N.Y.) 330 (6004): 686–88. https://doi.org/10.1126/science.1193147. Nele Kristin Stephan, DTS-Jahrgang 21

Gegen digitale Gewalt: Mit Patchwork für mehr Gleichberechtigung

Gegen digitale Gewalt: Mit Patchwork für mehr Gleichberechtigung Während eines eineinhalbjährigen Aufenthalts in Mexiko, erlebte ich die Folgen fehlender Gleichberechtigung hautnah und entwickelte ein ausgeprägtes Interesse für feministische Themen. Aus diesem Grund habe ich die Organisation „Patchwork“ in Hamburg kontaktiert, um mich im Rahmen der Sustainability Challenge für mehr Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft einzusetzen. Sind wir nicht schon gleichberechtigt? Kurz gesagt: Nein, definitiv nicht. Noch immer leben wir in patriarchalen Strukturen, welche Geschlechterrollen, Sexismus und Machtunterschiede begünstigen und weiterhin aufrechterhalten. Das führt u.a. dazu, dass Frauen nicht selten unterdrückt werden, psychisch und physisch Gewalt erleiden müssen und Opfer von Femizid werden können. Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch geschlechtsspezifische Gewalt. Statistisch gesehen, ist das eigene Zuhause der gefährlichste Ort für Frauen, was eng mit Gewalt in Partnerschaften verknüpft ist. Patchwork Die Organisation „Patchwork“ wurde 1997 gegründet und berät Frauen in und um Hamburg, die von häuslicher Gewalt, Stalking und digitaler Gewalt betroffen sind. Sie hilft ihnen, einen Weg in ein selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben zu finden. Meine Aufgabe war es, ein Website-Konzept für den Beratungsbereich digitale Gewalt auszuarbeiten. Was ist digitale Gewalt? Der bff Frauen gegen Gewalt e.V. definiert digitale Gewalt wie folgt: „Digitale Gewalt ist ein Oberbegriff für Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel und digitaler Medien (Handy, Apps, Internetanwendungen, Mails etc.) bedienen und/oder geschlechtsspezifische Gewalt, die im digitalen Raum, z. B. auf Online-Portalen oder sozialen Plattformen stattfindet. Digitale Gewalt funktioniert nicht getrennt von „analoger Gewalt“, sie stellt meist eine Ergänzung oder Verstärkung von Gewaltverhältnissen und -dynamiken dar.“ Mein Projekt bei Patchwork „Patchwork“ ist eine von wenigen Anlaufstellen in Deutschland, die eine Beratung für betroffene Frauen von digitaler Gewalt anbietet. Die Organisation stellte dies bereits auf ihrer Website dar, wollte allerdings die Landingpage optimieren. Das Ziel dieser Optimierung soll eine bessere Positionierung des Angebots sein, um mehr betroffene Frauen zu erreichen. Initial hatte ich mir engen Kontakt zu Betroffenen gewünscht, der jedoch auf Grund von Sensibilität einer Schulung bedarf. Daher freute ich mich sehr, dennoch eine „Schreibtisch“-Zusammenarbeit angeboten bekommen zu haben. Die Organisation bat mich ein Konzept für die Landingpage zu entwickeln, um ihr Beratungsangebot zielgerichteter zu kommunizieren. So setze ich mich für Gleichberechtigung ein und konnte gleichzeitig meine fachlichen Kenntnisse im Bereich Websitekonzipierung, -optimierung und Marketing nutzen. Ich habe in meiner Zeit als Freiwillige dort sehr viel über die Facetten der digitalen Gewalt lernen dürfen. Zudem weiß ich nun, wie Frauen sich schützen können und welche (leider noch zu wenige) juristischen Möglichkeiten existieren. Mein neues Wissen floss in meine Textarbeit für die neue Landingpage ein. Damit zeigt die zukünftige Website wird aufzeigen, was digitale Gewalt ist – und was sie nicht ist. Diese Differenzierung hilft Frauen, die individuelle Betroffenheit einordnen zu können. Davon profitiert auch „Patchwork“, denn ein Bewusstsein auf Seiten der Betroffenen erleichtert den Zugang zu Hilfsangeboten und ermöglicht eine schnellere und maßgeschneiderte Unterstützung. Außerdem wird die Website nun über technische und rechtliche Maßnahmen aufklären. Ich hoffe, dass mein Projekt im Kampf gegen digitale Gewalt einen Beitrag leisten kann. Persönlich hat mich die Zusammenarbeit in meinem Plan bestärkt, dass ich mich langfristig ehrenamtlich für mehr Gleichberechtigung einsetzen möchte. Quellenverzeichnis Bff Frauen gegen Gewalt e. V. „Digitale Gewalt“, 2023. https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/infothek/digitale-gewalt/was-ist-das.html. Bundeskriminalamt. „Partnerschaftsgewalt – Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2021“, 2022. https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Partnerschaftsgewalt/Partnerschaftsgewalt_2021.html?nn=63476. Bundesregierung. „Was tun gegen Gewalt an Frauen?“, 25. November 2022. https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskanzleramt/gegen-gewalt-an-frauen-1817254#:~:text=Der%20gefährlichste%20Ort%20für%20Frauen,ihren%20derzeitigen%20oder%20vorherigen%20Partner. Patchwork, 2023. https://www.patchwork-hamburg.org. Lena Damm

Zwischen Struktur und Herz: Eine Reise der Hingabe und Selbstfindung

Ich bin es gewohnt, in meinem regulären Job eine vorgegebene Struktur zu haben, wo ich auch genau weiß, wie ich mich einsetzen muss und im Gegenzug auch zu messen, was der Outcome ist, welchen ich geleistet habe. In dem Altenheim habe ich mich in einem Umfeld befunden, welches für mich unstrukturiert ist, wo es unklar war, was für einen Mehrwert ich beitragen kann und es auch schwer zu messen ist, was ich bewirkt habe. Ich würde gerne sagen das ich mich mittlerweile dort etwas „eingearbeitet“ habe, aber das benötigt definitiv mehr, als „nur“ 40 Stunden dort zu arbeiten. Wenn ich beispielsweiße andere Freiwillige sehe, die dort sind, merke ich wie wenig eingearbeitet ich bin. Es ist eine sehr ehrbare Arbeit, die sehr viel Respekt und Wertschätzung braucht. Doch man gibt sein Bestes und versucht sich so gut es geht einzubringen. Es gibt unterschiedliche Aktivitäten, die man vornehmen kann, aber man muss sich die selbst suchen. Es gibt innerhalb der Betreuungsarbeit wenig „Struktur“, da jeder Mitarbeiter seinen Tag komplett mit seinen zugewiesenen Bewohnern selbstständig plant. Man kann in der Betreuungszeit zwischen 09:30 Uhr und 17:45 Uhr mit den Einwohnern Zeitung lesen, Gymnastik machen, Spaziergänge durchführen, Biographiearbeit erleben und auch tatsächlich zusammen mit den Bewohnern Feste planen. In der Woche, wo ich da war, habe ich zusammen mit einer Mitarbeiterin und einem Bewohner, der noch relativ „fit“ ist, die Grillfeier organisiert. Dafür wurde uns von der Einrichtungsleitung ein Budget geben, welches wir vollkommen ausgenutzt haben. An der Feier haben Mitarbeiter und Bewohner teilgenommen. Auch gibt es eine Art Raum, der sich „Snözelraum“ nennt. Hier werden Bewohner die unter starker Unruhe, Demenz, Multipler Sklerose und Morbus Parkinson leiden, gebracht, damit sie sich entspannen können. Der Raum wird abgedunkelt, Entspannungslichter eingeschaltet und Musik, welche der Bewohner in seiner Vergangenheit gehört hat (Biographiearbeit) eingeschaltet. Diese Methoden waren mir nicht bekannt und ich empfand dies als sehr lehrreich, vor Allem deswegen, weil ich aus einem komplett anderen Bereich komme. Besonders beeindruckend ist die ehrenamtliche Mitarbeiterin Natasha, ehemaliges Model für große Firmen, die seit 20 Jahren einmal wöchentlich im Heinrich-Sengelmann-Haus erscheint, um sich mit den Bewohnern zu beschäftigen. Ihre Hingabe und Kreativität sind bewundernswert, und ich selbst empfinde es als herausfordernd, meine Zeit in einem Umfeld zu verbringen, das sowohl Leid als auch Freude, Lachen und Spaß birgt. Obwohl meine Zeit im Heinrich-Sengelmann-Haus mir viel Freude bereitete, erkenne ich, dass diese Art von Arbeit nicht meine Bestimmung ist. Die intensive emotionale Verbundenheit fällt mir schwer, insbesondere angesichts von Leid und Tod. Dennoch erwäge ich, ein Ehrenamt anzunehmen, um den Menschen, die jahrzehntelang für unsere Gesellschaft gearbeitet haben, eine Freude zu bereiten. Nicht jeder mag „bespaßt“ werden, aber viele Bewohner schätzen Gespräche, Spiele, Betreuung und Feste. Diese Erfahrung war für mich unbeschreiblich, und ich bin dankbar, dass ich sie machen durfte. Carolina Engels

Suizidprävention Jugendlicher und junger Erwachsener bei [U25] Hamburg 

Suizidprävention Jugendlicher und junger Erwachsener bei [U25] Hamburg    Wenn wir in der Gesellschaft von Nachhaltigkeit sprechen, ist häufig die ökologische Nachhaltigkeit gemeint: Umweltkatastrophen durch den Klimawandel, der Umstieg vom Benziner zum E-Auto oder die regionale Bio-Küche sind präsent in unserem Alltag. Doch neben ökologischer Nachhaltigkeit gibt es zwei weitere Säulen der Nachhaltigkeit: ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Mit letzterer habe ich mich in meiner Sustainability Challenge näher auseinandergesetzt. Hier habe ich mir insbesondere das Sustainable Development Goal 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ angeschaut. Dazu zählt neben physischer Gesundheit auch die psychische Gesundheit (SDG 3.4).1    Selbsttötung ist unter Jugendlichen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Nach Abgaben des Statistischen Bundesamtes haben sich 2021 rund 500 Menschen unter 25 Jahren suizidiert.2 Insbesondere während der Corona-Pandemie war ein Ansteigen psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen festzustellen. Trotzdem ist Suizidalität in der Gesellschaft häufig noch immer ein Tabu-Thema und Jugendliche haben Angst vor solchen Gedanken und auch damit nicht ernst genommen zu werden.3    Genau dort versucht [U25] anzusetzen: Eine anonyme Mailberatung, bei der sich Jugendliche und junge Menschen unter 25 Jahren in einer Krise und bei Suizidalität melden können und mit gleichaltrigen ehrenamtlichen Peerberater:innen schreiben können. Dabei geht es explizit nicht darum den Hilfesuchenden Ratschläge zu geben, sondern in erster Linie zuzuhören, zu spiegeln und die Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Dabei stehen immer die Bedürfnisse der ratsuchenden Person im Vordergrund.     Aber wird man eigentlich ehrenamtliche:r Peerberater:in bei [U25]?  Als Peerberater:in durchläuft man zuerst zusammen mit anderen Freiwilligen eine Grundausbildung, in der man neben den fachlichen Grundlagen auch mehr über das Thema Psychohygiene, Beratungshaltung und Fragetechnik lernt. Dabei kommen auch praktische Übungen und das Schreiben von Übungs-Beratungsmails nicht zu kurz. Und dann geht’s auch schon los: Man sucht sich seinen ersten Mailkontakt im Beratungssystem aus, schreibt die erste Mail und der Kontakt entwickelt sich. Je nachdem welche Kapazitäten man hat, kann man beliebig viele Kontakte so aufnehmen. Im Durchschnitt sind das meist zwischen zwei und fünf Kontakten pro beratende Person. Dabei wird man von ausgebildeten Hauptamtlichen begleitet und hat regelmäßige Supervisionen, bei denen man sich untereinander austauschen kann und Unterstützung bekommt bei Fragen. Außerdem hat man die Möglichkeit sich auch nach der Grundausbildung zu bestimmten Themen fortzubilden.    Während meiner Sustainability Challenge habe ich mich insbesondere dem Thema Social Media bei [U25] gewidmet. [U25] richtet sich an Personen unter 25 Jahren und soll leicht zugänglich für betroffene Personen sein, deshalb ist es umso wichtiger, die Zielgruppe auch auf den passenden Kanälen anzusprechen. Aktuell gibt es beispielsweise schon einen Instagram-Kanal, auf dem Inhalte geteilt werden. Da aber insbesondere die jüngere Zielgruppe (12-18 Jahren) auch viel TikTok nutzt, ist nun die Überlegung ob und wie [U25] dieses Medium nutzen sollte. Als Teil meiner Sustainability Challenge habe ich ein Konzept hierzu entwickelt.     Bevor ich aber in die Erstellung des Konzepts gegangen bin, habe ich als erstes recherchiert, welche unterschiedlichen Formate es auf TikTok gibt, wie diese funktionieren und das mit den gesteckten Zielen (Aufmerksamkeit und Awareness für das Präventionsangebot von [U25] generieren) abgeglichen. Am Ende hat sich besonders ein Format herauskristallisiert: Infotainment. Beim Infotainment versucht man die Inhalte, die man vermitteln möchte, auf unterhaltsame Weise darzustellen. Dafür habe ich mich u.a. an Kanälen wie „HerrAnwalt“ und „DerPolizist“ orientiert und erste Drafts für Videos erstellt.    Für mich war das Unterstützen dieser Initiative während der Sustainability Challenge eine echte Herzensangelegenheit! Die Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wandel und wird immer schnelllebiger. Social Media kann den Druck auf Jugendliche und junge Erwachsene mitzuhalten noch zusätzlich erhöhen. Man fühlt sich überfordert von der Vielzahl an Eindrücken und einsam zugleich. Genau deshalb ist Mental Health – insbesondere auch im digitalen Kosmos – und die Zugänglichkeit dieser so wichtig!    Solltest auch du Interesse haben dich bei [U25] als ehrenamtliche:r Peerberater:in zu engagieren, findest du hier weitere Informationen und die Kontakte zu [U25] in deiner Stadt: https://www.u25-deutschland.de/mitmachen/        Quellen:    Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2023) SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen; veröffentlicht auf https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-3#:~:text=Alle%20Menschen%20sollen%20vor%20%C3%BCbertragbaren,in%20finanzielle%20N%C3%B6te%20zu%20geraten; aufgerufen am 24.06.2023  destatis.de (2021) Todesursache Suizide; veröffentlicht auf https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/suizide.html; aufgerufen am 25.06.2023  Nowak, Marcus (2023) Online-Beratungsstelle für Jugendliche in Krisensituationen; veröffentlicht auf https://www.bonifatiuswerk.de/de/news/2023/online-beratungsstelle-fuer-jugendliche-in-krisensituationen/; aufgerufen am 25.06.2023   Aus Gründen der Vertraulichkeit und des Datenschutzes bleibt die Autor*in des Beitrags anonym

Häuser für Waisenkinder in Kenia

Eine in Kenia lebende deutsche Zahnärztin besucht die Kinder im MOCC-Wohnhaus. Es wird vor Ort eine kleine Zahnarztpraxis improvisiert und die Kinder werden in Zehnergruppen eingeteilt. Mund auf, Augen zu, aaah – alles ok! Oder eben nicht, dann bitte warten. Betäubungsspritze, Zange in die Hand – raus war der kariöse Milchzahn. Manchmal rollen Tränen, manchmal hat jemand große Angst, aber die meisten Kinder sind ganz tapfer. Für den Zahn-Tag in Siaya hat eine erfolgreiche Spendenaktion bewirkt, dass alle Kinder eine neue Zahnbürste bekommen und eine Übung zum Zähneputzen gemacht werden konnte. Fangen wir vorne an: Das Mbaga Orphaned Children’s Center, kurz MOCC, ist ein Verein in der Kleinstadt Siaya, Kenia. Der Verein hat dort ein Waisenhaus und eine Schule gebaut. Dies geschah in Kooperation mit dem deutschen Verein „Häuser für Waisenkinder e.V.“. In enger Zusammenarbeit konnten die Gebäude realisiert werden, welche derzeit 180 Kinder beherbergen und 30 Arbeitsplätze geschaffen haben. Vor Ort werden Abläufe wie z.B. Bauvorhaben, Betrieb der Schule und des Waisenhauses oder das Pflegen der eigens angebauten Farm koordiniert. Die Notwendigkeit für die Arbeit der Vereine lässt sich anhand einiger Zahlen feststellen: Rund 58% der in Siaya und Umgebung lebenden Menschen lebt unterhalb der Armutsgrenze und ca. 30% der Kinder wachsen in ungeordneten Verhältnissen auf. Viele Alleinerziehende, vor allem Mütter, können ihre Kinder nur notdürftig versorgen. Die Notwendigkeit der Unterstützung haben wir im Laufe unserer Sustainability Challenge und unserem Engagement bei „Häuser für Waisenkinder“ erlebt. Neben eigenen Aufgaben, auf die wir gleich auch noch eingehen möchten, ist ein wichtiger Teil unseres Ehrenamtes gewesen, die Situation vor Ort zu verstehen. Wir haben alle zwei Wochen einen virtuellen Jour Fix mit den Vereinsmitglieder:innen aus Deutschland sowie Kenia und haben allerlei Einblicke in das Leben und die Kultur vor Ort bekommen können. Gestartet wird der Call mit einem Update aus den verschiedenen Arbeitskreisen. Diese lassen sich grob mit folgenden Schlagworten zusammenfassen: „Siaya Updates aus der Schule und von den Kindern“, „Gesundheitspflege“, „Landwirtschaft“, „Bau“ und „Patenschaften“. Besonders spannend sind für uns die Updates aus Siaya, weil wir dadurch einen vielschichtigen Einblick in das Leben der Kinder vor Ort bekommen können. Dabei geht es sowohl um Themen wie den Besuch einer Zahnärztin in den Schulklassen als auch um bedrückende Einblicke in das Leben einzelner Kinder, wie Gewaltvorkommnisse, Sorgerechtskonflikte oder schlechte Wohnverhältnisse. Bewundernswert ist für uns immer die Hingabe der Vereinsmitglieder:innen für die Kinder vor Ort und für ihre Arbeit im Verein. Darüber hinaus war für uns spannend zu lernen, dass der Verein auf das nachhaltige Bauen hinwirkt, insbesondere durch den Lehmbau von Gebäuden. Außerdem haben sie im Laufe der Jahre eine eigene Farm aufgebaut, wo sie für die Versorgung der Kinder eigene Lebensmittel anbauen. Ein Gespür und Verständnis für die Lebenssituation vor Ort zu bekommen, war im Laufe unseres Ehrenamtes ein Hauptthema. Vor allem in unserem eigenen Projekt zum „Female Empowerment“ ist uns dies besonders aufgefallen. Der Verein hatte schon länger im Hinterkopf auch für Frauen vor Ort eine Möglichkeit der Unterstützung zu schaffen. Die „Förderung von Mädchen und Frauen zur wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Gleichstellung“ ist gemäß Satzung ein Zweck des Vereins. Die Hintergründe für die Notwendigkeit für Female Empowerment in Kenia sind vielfältig. Vor allem leiden Frauen unter Diskriminierung und der männlichen Dominanz in der Gesellschaft: Frühe Schwangerschaften, arrangierte Ehen und Schulabbrüche sind die häufigsten Gründe, die die Frauen in den Kreislauf der Armut führen, aus dem sie sich aus eigener Kraft nicht befreien können. In unseren gemeinsamen Arbeitssessions haben wir verschiedenste Handlungsfelder identifiziert, bei denen wir uns einen Mehrwert für die Frauen vorstellen können. Kern unserer Überlegungen war es, den Frauen mit verschiedenen Workshops Wissen zu vermitteln. Einerseits in Form von Schulungen, die sie im täglichen Leben unterstützen. Themen sind hier Familienplanung, Körperpflege, Menschenrechte und Gesundheit. Auf der anderen Seite haben wir uns auf die ökonomische Weiterbildung fokussiert. Die Frauen sollen die Möglichkeit bekommen, sich in verschiedensten Berufsbereichen zu bilden, wie bspw. Landwirtschaft, Friseure oder Schneiderei. In den Workshops sollen sie die Möglichkeit bekommen, eigene Ideen auszuarbeiten und befähigt werden, Jobs auszuführen und die Selbstständigkeit zu finanzieren. Aber treffen diese Workshops überhaupt die Bedürfnisse der Frauen? Um diese Frage klären und die Bedürfnisse der Frauen optimal adressieren zu können, haben wir eine Umfrage für die Frauen vor Ort ausgearbeitet, in der wir abgefragt haben, wobei sich die Frauen Unterstützung wünschen und wie wir dabei helfen können. Ein Learning ist unter anderem, dass alles etwas länger dauert im länderübergreifenden Austausch – deshalb haben wir zur Zeit des Abschlusses dieses Blogbeitrags noch nicht die finalen Ergebnisse der Umfrage vorliegen. Ein weiterer Teil unseres Projektes ist es herauszufinden, mit welchen Projekten HfW Female Empowerment vor Ort in Siaya zukünftig umsetzen kann. Es haben bereits einzelne Workshops vor Ort stattgefunden, jedoch fehlt ein konkretes Konzept und eine Finanzierung für weitere Aktivitäten. Neben der Vorbereitung der Umfrage haben wir demnach verschiedenste Projekte in Ost-Afrika gesucht, mit denen HfW und MOCC vor Ort kooperieren können. Für uns ist während des Ehrenamtes besonders spannend, stärkere Einblicke in Maßnahmen zur Erreichung der SDGs 1-5 zu bekommen. SDG 1: Keine Armut SDG 2: Kein Hunger (Hunger beenden, Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft) SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen (Gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen zu fördern) SDG 4: Hochwertige Bildung (Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern) SDG 5: Geschlechtergleichheit (Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen) SDG 10: Weniger Ungleichheiten (innerhalb und zwischen Staaten) Unsere eigenen Tätigkeiten im Ehrenamt haben insbesondere auf SDG 5 und SDG 10 eine Auswirkung. Wir versuchen durch die Workshop-Ideen gezielt Frauen zu befähigen, zukünftig Jobs auszuüben und unabhängig werden zu können. Darüber hinaus werden durch Themen wie Gesundheit, Menschenrechte oder Hygiene die Eigenständigkeit gefördert und Lebensqualität langfristig verbessert. Uns hat das Ehrenamt insgesamt geholfen, durch die Einblicke in eine andere Kultur und die Lebensweisen vor Ort ein stärkeres Verständnis über die verschiedenen Lebensstandards zu bekommen. Das Verständnis davon, dass die SDGs sich in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich ausprägen und der Bedarf an den Maßnahmen anders ausfällt, ist uns besonders aufgefallen. Vor allem durch das Projekt „Female

Durch Kleiderspenden für Würde und Chancengleichheit sorgen

Saubere Kleidung stärkt das Selbstbewusstsein und prägt den ersten Eindruck. Daher ist gepflegte Kleidung für JEDEN Menschen wichtig. Im Rahmen meines dualen Masterstudiums an der HSBA im Studiengang MSc Digital Transformation and Sustainability unterstütze ich den Verein Hanseatic Help bei der Bekämpfung der sozialen Ungleichheit. Hanseatic Help sammelt hauptsächlich gut erhaltende Kleiderspenden ein, die ohne größeren Aufwand an Bedürftige verteilt werden können. Weiterhin stellen sie Bedürftigen auch Hygieneartikel und Lebensmittel (Konserven) zur Verfügung. Das Ziel ist es die Würde und Gleichheit aller Menschen zu wahren und sie durch die Spenden dabei zu unterstützen auf dem Arbeitsmarkt sowie in der Gesellschaft wieder fußzufassen und sie im Vergleich zu Mitstreitern (z.B. auf einen Job) nicht negativ auffallen zu lassen. Dies ist meist nur mit einem „ordentlichen“ Äußeren und passender Kleidung möglich. Weiterhin steigert passende und saubere Kleidung die eigene Motivation, das Selbstbewusstsein und die Überzeugung. Mein Ziel ist es einen Beitrag zu den SDGs 10 und 2 zu leisten. Dabei unterstütze ich an verschiedenen Stationen bei der Spendensammlung bis zur Spendenvergabe. Hanseatic Help sammelt seit den Flüchtlingsströmen 2015 Kleider,- Hygiene- sowie Konservenspenden von privaten und gewerblichen Spender:innen. Ein Großteil dieser Spenden kommt direkt Bedürftigen oder anderen Hilfsorganisationen in Hamburg zugute. Diese Hilfsorganisationen, wie beispielsweise die Caritas verteilen die Spenden dann ebenfalls über ihre Kanäle an Bedürftige. Weiterhin betreibt Hanseatic Help drei Stores, wo sich Menschen mit einer nachgewiesenen Bedürftigkeit notwendige Hilfsgüter aussuchen. Weitere Spenden werden mit Hilfslieferungen in Krisenregionen gebracht. Während meiner Zeit bei Hanseatic Help durchlaufe ich alle Schritte der Spendenverarbeitung. Angefangen werde ich im Lager bei der Annahme von Privatspenden. Diese werden dort das erste Mal geprüft. Hier wird besonders darauf geachtet, dass die Spenden noch gut erhalten sind, keine Löcher aufweisen oder schmutzig sind. Wenn die Spenden im letzten Schritt an Bedürftige verteilt werden, sollen diese sich in der gespendeten Kleidung wohlfühlen können. Daher wird in der Annahme nicht jedes Kleidungsstück angenommen. Im Anschluss wird die Kleidung nach Herren-, Damen- und Kinderkleidung sowie nach der Art des Kleidungsstücks vorsortiert. Danach kommen die vorsortierten Teile in die jeweiligen Abteilungen zur Feinsortierung. Hier sortiere ich die Kleidung nach den entsprechenden Größen. Sobald ein bestimmtes Kleidungsstück eine definierte Anzahl erreicht hat, zum Beispiel 15 Hoddies in Größe S, verpacke ich diese in einen Karton. Die Anzahl, die Art des Kleidungsstücks und das Gewicht des Kartons werden dann registriert und ins Lager gebracht. Im Lager stelle ich dann die Kartons zu vordefinierten Ladungen zusammen. Diese sind von der jeweiligen Bestellung abhängig. Anschließend bin ich mit dem Fahrer von Hanseatic Help durch Hamburg gefahren und habe die verpackten Lieferungen an die Hanseatic Help Stores oder andere Hilfsorganisationen ausgeliefert. Neben den zahlreichen Privatspenden gibt es auch immer wieder Spenden von Hamburger Unternehmen. Während meiner letzten Auslieferung sind wir beispielsweise zum Geschäft von floh.kids gefahren. floh.kids sammelt ebenfalls Kinderkleidung und verkaufen diese für kleines Geld weiter. Regelmäßig rufen sie bei Hanseatic Help an und spenden die Kleidung, die sie nicht im Geschäft verkauft bekommen. Jeder Tag, den ich bei Hanseatic Help verbringe, verläuft anders. Es ist großartig zu sehen, wie viele private Spender zu uns kommen, um einen kleinen Beitrag zu weniger Ungleichheit zu leisten. Trotz vieler helfender Hände ist es dennoch beachtlich, was für ein riesiger logistischer Aufwand hinter der Annahme und Weitergabe von Spenden steckt. Die Zeit bei Hanseatic Help zeigt mir, dass ich mit wenig Aufwand einen verhältnismäßig großen Beitrag zu weniger Ungleichheit leisten kann. Das einzige, was ich benötige, ist Zeit. Es ist wichtig diese Zeit zu investieren, damit möglichst jeder in unserer Gesellschaft ausreichend passende Kleidung hat, in der er/sie sich wohlfühlen kann und nicht auf Grund der Kleidung von der Gesellschaft ausgeschlossen wird. Kleidung trägt einen großen Beitrag dazu bei, wie wohl sich ein Mensch fühlt und wie selbstbewusst er/sie auftreten kann. Meine Aktivität bringt mir die Bedeutung von Kleidung nochmal deutlich näher. Nicolai Vornbäumen

Unsere Zeit in der Weekendschool

Es ist Samstagmorgen 11 Uhr, im Haus der Kulturen der Stadtteilschule Bergedorf. Die sieben Kinder, die sich heute für die Weekendschool angemeldet haben, trudeln langsam ein. Als erstes tauschen sie bei uns ihr Handy gegen ihr Namensschild und setzen sich in einen Stuhlkreis. Die Kinder sind gespannt, was sie erwartet, denn das wird im Vorhinein nicht verraten. Nur eins ist klar: es wird jemand vorbeikommen, der/die seinen/ihren Beruf vorstellen wird. Das ist das Konzept der Weekendschool. Heute ist der Experte ein Fotograf. In unserer Zeit bei der Weekendschool durften wir zusammen mit den Kindern die Berufe Hotelfachkraft, Schauspieler:in, Schneider:in, Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, nautische(r) Offizier:in und Pilot:in bzw. Flughafenmitarbeiter:in kennenlernen. So konnten auch wir einmal wieder über den Tellerrand hinausschauen. Diese Berufsvielfalt zeigt den Kindern nicht nur, warum es wichtig ist, zur Schule zu gehen, sondern fördert auch ihre individuellen Kompetenzen. Hier bereits bei Kindern anzusetzen und ihnen verschiedene Optionen aufzuzeigen, ist eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre Zukunft selbstbestimmt gestalten können. Es geht darum, dass Kinder Leidenschaften entwickeln, ihre Talente entdecken und ihre Potenziale entfalten können. In der Weekendschool bewegen sich die Kinder daher auch stets in einem wertungsfreien Raum, in dem sie sich frei ausprobieren und alle Fragen stellen dürfen, die sie interessieren – beispielsweise in der Morgenrunde mit dem Experten. Wenn alle Kinder im Stuhlkreis sitzen, kommt der Experte (Fotograf) dazu und die Kinder löchern ihn mit Fragen wie: Was war das Komischste, das du je fotografiert hast? Wie viel Geld kann man mit Fotografie verdienen? Wie viel ist deine Kamera wert? Hast du schon einmal jemanden Berühmtes fotografiert? Anschließend an dieses kleine Interview gibt der Fotograf eine kurze Einführung, bevor es zum praktischen Teil übergeht. Dafür teilen wir die Kids in zwei Gruppen auf, wobei die Kinder der ersten Gruppe von sich gegenseitig Portraitfotos macht. Sie sind also Fotograf:in, Modell und für die Beleuchtung zuständig. Der Experte steht jederzeit unterstützend zur Seite und überlässt den Kindern seine professionelle Kamera. Die andere Gruppe inszeniert währenddessen ein Stillleben, indem sie einen Tennisball vor verschiedenen Hintergründen fotografiert. Dann wird getauscht. Die Kinder lernen viel über das Einnehmen verschiedener Perspektiven, die Bedeutung von Licht und wie aufwändig eine Fotoproduktion sein kann. So vergeht der Tag total schnell und eh wir uns versehen sitzen wir wieder im Stuhlkreis, um den Tag gemeinsam zu reflektieren und uns beim Experten für seine Zeit zu bedanken. Anschließend entlässt die Kursleiterin die Kinder. Unsere Aufgaben bestanden an diesem wie auch an den anderen Samstagen, an denen wir dabei waren, insbesondere darin, die Kursleiter:innen zu unterstützen. Das bedeutet, dass wir den Tag mit vor- und nachbereitet sowie die Kinder mit beaufsichtigt haben. Wir haben also beispielsweise den Raum vorbereitet, Obst für die Pause geschnitten und uns mit den Kindern unterhalten. Ein Kind war an diesem Tag sehr zurückhaltend, sodass wir darauf geachtet haben, dass die anderen Kinder es in die Aktivitäten miteinbeziehen. Dabei ist es gemäß des Mottos der Weekendschool „Gemeinsam zeigen wir, was geht“  immer wichtig, zu schauen, was an dem Tag mit den Kindern möglich ist.  Wir begegnen den Kindern auf Augenhöhe, ermutigen sie dazu, sich aktiv an den Aufgaben zu beteiligen und achten darauf, dass alle miteingebunden sind. Wenn das an einem Tag einmal nicht funktioniert, wird das akzeptiert. Das heißt konkret, dass wenn nach einigen Ermutigungsversuchen und eins-zu-eins-Beschäftigung mit dem Kind, das Kind sich nicht beteiligen möchte, ist das in Ordnung. Eine weitere Aufgabe, die wir an den Samstagen übernommen haben, ist die Dokumentation mithilfe von Fotos, Videos und Zitaten von den Kids. Mit diesem Material kann die Weekendschool Beiträge auf Social Media veröffentlichen, um so ihre Sichtbarkeit zu vergrößern und das Fundraising zu stärken. Das ist dann Aufgabe des Backoffices, das wir innerhalb unserer Challenge ebenfalls mit ein paar Tätigkeiten unterstützt haben. Hier war es besonders schön zu erleben, wie viel Wertschätzung uns entgegengebracht wurde, obwohl es im Vergleich zu den Samstag-Einsätzen, nur kleine Aufgaben waren, die wir übernommen haben. Unter anderen haben wir einen Fotoguide für die Samstage erstellt oder uns überlegt, wie die Weekendschool neue Freiwillige akquirieren kann. Unsere anfängliche Befürchtung, dass wir mit unseren vierzig Zeitstunden nicht ‚ausreichend‘ helfen können, hat sich daher nicht bestätigt und es fühlt sich gut an, Menschen zu unterstützen, die die Initiative leiten und ihre ganze Energie in diesen guten Zweck stecken. Besonders schön war es für uns außerdem, die Kids über die Zeit besser kennenzulernen und zu verstehen, welche Themen für sie wichtig sind. Dies hilft auch dabei, herauszukristallisieren, welche Berufe die Kids sich in der Zukunft noch anschauen möchten. Nur in einem Zeitraum von ein paar Wochen haben wir sehr viele neue Eindrücke sammeln können und unfassbar viel über das Ehrenamt und auch über uns selbst gelernt. Zusätzlich war es sehr bereichernd, neue Berufe und Menschen kennenzulernen. Ein Angebot, was wir uns für unsere Schulzeit auch sehr gewünscht hätten! Die Weekendschool war für uns die ideale Initiative für die Sustainability Challenge, da es uns wichtig ist, uns für die Stärkung der Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit von Kindern einzusetzen. Beides sind Faktoren, die in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung entscheidend sind. Der Bildung ist im Rahmen der 17 SDGs (Sustainable Development Goals) unter SDG 4 ein eigenständiges Ziel gewidmet. Dieses lautet: „Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern.“ Die Initiative der Weekendschool zahlt auf dieses Ziel ein, indem die Kinder in ihrer eigenen Entwicklung gefördert und für die Zukunft Perspektiven aufgezeigt werden, insbesondere denjenigen, die dies nicht von ihrem direkten Umfeld erhalten können. Wir freuen uns daher umso mehr, jetzt ein Teil der Weekendschool zu sein! Eine Initiative, in der wir uns direkt wohlgefühlt haben. Carina Wilsdorf & Jette Brandauer