Es ist Samstagmorgen 11 Uhr, im Haus der Kulturen der Stadtteilschule Bergedorf. Die sieben Kinder, die sich heute für die Weekendschool angemeldet haben, trudeln langsam ein. Als erstes tauschen sie bei uns ihr Handy gegen ihr Namensschild und setzen sich in einen Stuhlkreis. Die Kinder sind gespannt, was sie erwartet, denn das wird im Vorhinein nicht verraten. Nur eins ist klar: es wird jemand vorbeikommen, der/die seinen/ihren Beruf vorstellen wird. Das ist das Konzept der Weekendschool. Heute ist der Experte ein Fotograf. In unserer Zeit bei der Weekendschool durften wir zusammen mit den Kindern die Berufe Hotelfachkraft, Schauspieler:in, Schneider:in, Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, nautische(r) Offizier:in und Pilot:in bzw. Flughafenmitarbeiter:in kennenlernen. So konnten auch wir einmal wieder über den Tellerrand hinausschauen.
Diese Berufsvielfalt zeigt den Kindern nicht nur, warum es wichtig ist, zur Schule zu gehen, sondern fördert auch ihre individuellen Kompetenzen. Hier bereits bei Kindern anzusetzen und ihnen verschiedene Optionen aufzuzeigen, ist eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre Zukunft selbstbestimmt gestalten können.
Es geht darum, dass Kinder Leidenschaften entwickeln, ihre Talente entdecken und ihre Potenziale entfalten können. In der Weekendschool bewegen sich die Kinder daher auch stets in einem wertungsfreien Raum, in dem sie sich frei ausprobieren und alle Fragen stellen dürfen, die sie interessieren – beispielsweise in der Morgenrunde mit dem Experten. Wenn alle Kinder im Stuhlkreis sitzen, kommt der Experte (Fotograf) dazu und die Kinder löchern ihn mit Fragen wie: Was war das Komischste, das du je fotografiert hast? Wie viel Geld kann man mit Fotografie verdienen? Wie viel ist deine Kamera wert? Hast du schon einmal jemanden Berühmtes fotografiert?
Anschließend an dieses kleine Interview gibt der Fotograf eine kurze Einführung, bevor es zum praktischen Teil übergeht. Dafür teilen wir die Kids in zwei Gruppen auf, wobei die Kinder der ersten Gruppe von sich gegenseitig Portraitfotos macht. Sie sind also Fotograf:in, Modell und für die Beleuchtung zuständig. Der Experte steht jederzeit unterstützend zur Seite und überlässt den Kindern seine professionelle Kamera. Die andere Gruppe inszeniert währenddessen ein Stillleben, indem sie einen Tennisball vor verschiedenen Hintergründen fotografiert. Dann wird getauscht. Die Kinder lernen viel über das Einnehmen verschiedener Perspektiven, die Bedeutung von Licht und wie aufwändig eine Fotoproduktion sein kann. So vergeht der Tag total schnell und eh wir uns versehen sitzen wir wieder im Stuhlkreis, um den Tag gemeinsam zu reflektieren und uns beim Experten für seine Zeit zu bedanken. Anschließend entlässt die Kursleiterin die Kinder.
Unsere Aufgaben bestanden an diesem wie auch an den anderen Samstagen, an denen wir dabei waren, insbesondere darin, die Kursleiter:innen zu unterstützen. Das bedeutet, dass wir den Tag mit vor- und nachbereitet sowie die Kinder mit beaufsichtigt haben. Wir haben also beispielsweise den Raum vorbereitet, Obst für die Pause geschnitten und uns mit den Kindern unterhalten. Ein Kind war an diesem Tag sehr zurückhaltend, sodass wir darauf geachtet haben, dass die anderen Kinder es in die Aktivitäten miteinbeziehen.
Dabei ist es gemäß des Mottos der Weekendschool „Gemeinsam zeigen wir, was geht“ immer wichtig, zu schauen, was an dem Tag mit den Kindern möglich ist. Wir begegnen den Kindern auf Augenhöhe, ermutigen sie dazu, sich aktiv an den Aufgaben zu beteiligen und achten darauf, dass alle miteingebunden sind. Wenn das an einem Tag einmal nicht funktioniert, wird das akzeptiert. Das heißt konkret, dass wenn nach einigen Ermutigungsversuchen und eins-zu-eins-Beschäftigung mit dem Kind, das Kind sich nicht beteiligen möchte, ist das in Ordnung.
Eine weitere Aufgabe, die wir an den Samstagen übernommen haben, ist die Dokumentation mithilfe von Fotos, Videos und Zitaten von den Kids. Mit diesem Material kann die Weekendschool Beiträge auf Social Media veröffentlichen, um so ihre Sichtbarkeit zu vergrößern und das Fundraising zu stärken. Das ist dann Aufgabe des Backoffices, das wir innerhalb unserer Challenge ebenfalls mit ein paar Tätigkeiten unterstützt haben. Hier war es besonders schön zu erleben, wie viel Wertschätzung uns entgegengebracht wurde, obwohl es im Vergleich zu den Samstag-Einsätzen, nur kleine Aufgaben waren, die wir übernommen haben. Unter anderen haben wir einen Fotoguide für die Samstage erstellt oder uns überlegt, wie die Weekendschool neue Freiwillige akquirieren kann. Unsere anfängliche Befürchtung, dass wir mit unseren vierzig Zeitstunden nicht ‚ausreichend‘ helfen können, hat sich daher nicht bestätigt und es fühlt sich gut an, Menschen zu unterstützen, die die Initiative leiten und ihre ganze Energie in diesen guten Zweck stecken.
Besonders schön war es für uns außerdem, die Kids über die Zeit besser kennenzulernen und zu verstehen, welche Themen für sie wichtig sind. Dies hilft auch dabei, herauszukristallisieren, welche Berufe die Kids sich in der Zukunft noch anschauen möchten.
Nur in einem Zeitraum von ein paar Wochen haben wir sehr viele neue Eindrücke sammeln können und unfassbar viel über das Ehrenamt und auch über uns selbst gelernt. Zusätzlich war es sehr bereichernd, neue Berufe und Menschen kennenzulernen. Ein Angebot, was wir uns für unsere Schulzeit auch sehr gewünscht hätten!
Die Weekendschool war für uns die ideale Initiative für die Sustainability Challenge, da es uns wichtig ist, uns für die Stärkung der Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit von Kindern einzusetzen. Beides sind Faktoren, die in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung entscheidend sind. Der Bildung ist im Rahmen der 17 SDGs (Sustainable Development Goals) unter SDG 4 ein eigenständiges Ziel gewidmet. Dieses lautet: „Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern.“ Die Initiative der Weekendschool zahlt auf dieses Ziel ein, indem die Kinder in ihrer eigenen Entwicklung gefördert und für die Zukunft Perspektiven aufgezeigt werden, insbesondere denjenigen, die dies nicht von ihrem direkten Umfeld erhalten können. Wir freuen uns daher umso mehr, jetzt ein Teil der Weekendschool zu sein! Eine Initiative, in der wir uns direkt wohlgefühlt haben.
Carina Wilsdorf & Jette Brandauer