Digitalsustainable

Das Duett zwischen Digitaler Transformation und Nachhaltigkeit

Häuser für Waisenkinder in Kenia

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Eine in Kenia lebende deutsche Zahnärztin besucht die Kinder im MOCC-Wohnhaus. Es wird vor Ort eine kleine Zahnarztpraxis improvisiert und die Kinder werden in Zehnergruppen eingeteilt. Mund auf, Augen zu, aaah – alles ok! Oder eben nicht, dann bitte warten. Betäubungsspritze, Zange in die Hand – raus war der kariöse Milchzahn. Manchmal rollen Tränen, manchmal hat jemand große Angst, aber die meisten Kinder sind ganz tapfer. Für den Zahn-Tag in Siaya hat eine erfolgreiche Spendenaktion bewirkt, dass alle Kinder eine neue Zahnbürste bekommen und eine Übung zum Zähneputzen gemacht werden konnte.

Fangen wir vorne an: Das Mbaga Orphaned Children’s Center, kurz MOCC, ist ein Verein in der Kleinstadt Siaya, Kenia. Der Verein hat dort ein Waisenhaus und eine Schule gebaut. Dies geschah in Kooperation mit dem deutschen Verein „Häuser für Waisenkinder e.V.“. In enger Zusammenarbeit konnten die Gebäude realisiert werden, welche derzeit 180 Kinder beherbergen und 30 Arbeitsplätze geschaffen haben. Vor Ort werden Abläufe wie z.B. Bauvorhaben, Betrieb der Schule und des Waisenhauses oder das Pflegen der eigens angebauten Farm koordiniert.

Die Notwendigkeit für die Arbeit der Vereine lässt sich anhand einiger Zahlen feststellen: Rund 58% der in Siaya und Umgebung lebenden Menschen lebt unterhalb der Armutsgrenze und ca. 30% der Kinder wachsen in ungeordneten Verhältnissen auf. Viele Alleinerziehende, vor allem Mütter, können ihre Kinder nur notdürftig versorgen. Die Notwendigkeit der Unterstützung haben wir im Laufe unserer Sustainability Challenge und unserem Engagement bei „Häuser für Waisenkinder“ erlebt. Neben eigenen Aufgaben, auf die wir gleich auch noch eingehen möchten, ist ein wichtiger Teil unseres Ehrenamtes gewesen, die Situation vor Ort zu verstehen. Wir haben alle zwei Wochen einen virtuellen Jour Fix mit den Vereinsmitglieder:innen aus Deutschland sowie Kenia und haben allerlei Einblicke in das Leben und die Kultur vor Ort bekommen können. Gestartet wird der Call mit einem Update aus den verschiedenen Arbeitskreisen. Diese lassen sich grob mit folgenden Schlagworten zusammenfassen: „Siaya Updates aus der Schule und von den Kindern“, „Gesundheitspflege“, „Landwirtschaft“, „Bau“ und „Patenschaften“.

Besonders spannend sind für uns die Updates aus Siaya, weil wir dadurch einen vielschichtigen Einblick in das Leben der Kinder vor Ort bekommen können. Dabei geht es sowohl um Themen wie den Besuch einer Zahnärztin in den Schulklassen als auch um bedrückende Einblicke in das Leben einzelner Kinder, wie Gewaltvorkommnisse, Sorgerechtskonflikte oder schlechte Wohnverhältnisse. Bewundernswert ist für uns immer die Hingabe der Vereinsmitglieder:innen für die Kinder vor Ort und für ihre Arbeit im Verein.

Darüber hinaus war für uns spannend zu lernen, dass der Verein auf das nachhaltige Bauen hinwirkt, insbesondere durch den Lehmbau von Gebäuden. Außerdem haben sie im Laufe der Jahre eine eigene Farm aufgebaut, wo sie für die Versorgung der Kinder eigene Lebensmittel anbauen.

Ein Gespür und Verständnis für die Lebenssituation vor Ort zu bekommen, war im Laufe unseres Ehrenamtes ein Hauptthema. Vor allem in unserem eigenen Projekt zum „Female Empowerment“ ist uns dies besonders aufgefallen. Der Verein hatte schon länger im Hinterkopf auch für Frauen vor Ort eine Möglichkeit der Unterstützung zu schaffen. Die „Förderung von Mädchen und Frauen zur wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Gleichstellung“ ist gemäß Satzung ein Zweck des Vereins. Die Hintergründe für die Notwendigkeit für Female Empowerment in Kenia sind vielfältig. Vor allem leiden Frauen unter Diskriminierung und der männlichen Dominanz in der Gesellschaft: Frühe Schwangerschaften, arrangierte Ehen und Schulabbrüche sind die häufigsten Gründe, die die Frauen in den Kreislauf der Armut führen, aus dem sie sich aus eigener Kraft nicht befreien können. In unseren gemeinsamen Arbeitssessions haben wir verschiedenste Handlungsfelder identifiziert, bei denen wir uns einen Mehrwert für die Frauen vorstellen können. Kern unserer Überlegungen war es, den Frauen mit verschiedenen Workshops Wissen zu vermitteln. Einerseits in Form von Schulungen, die sie im täglichen Leben unterstützen. Themen sind hier Familienplanung, Körperpflege, Menschenrechte und Gesundheit. Auf der anderen Seite haben wir uns auf die ökonomische Weiterbildung fokussiert. Die Frauen sollen die Möglichkeit bekommen, sich in verschiedensten Berufsbereichen zu bilden, wie bspw. Landwirtschaft, Friseure oder Schneiderei. In den Workshops sollen sie die Möglichkeit bekommen, eigene Ideen auszuarbeiten und befähigt werden, Jobs auszuführen und die Selbstständigkeit zu finanzieren.

Aber treffen diese Workshops überhaupt die Bedürfnisse der Frauen?

Um diese Frage klären und die Bedürfnisse der Frauen optimal adressieren zu können, haben wir eine Umfrage für die Frauen vor Ort ausgearbeitet, in der wir abgefragt haben, wobei sich die Frauen Unterstützung wünschen und wie wir dabei helfen können.

Ein Learning ist unter anderem, dass alles etwas länger dauert im länderübergreifenden Austausch – deshalb haben wir zur Zeit des Abschlusses dieses Blogbeitrags noch nicht die finalen Ergebnisse der Umfrage vorliegen. Ein weiterer Teil unseres Projektes ist es herauszufinden, mit welchen Projekten HfW Female Empowerment vor Ort in Siaya zukünftig umsetzen kann. Es haben bereits einzelne Workshops vor Ort stattgefunden, jedoch fehlt ein konkretes Konzept und eine Finanzierung für weitere Aktivitäten. Neben der Vorbereitung der Umfrage haben wir demnach verschiedenste Projekte in Ost-Afrika gesucht, mit denen HfW und MOCC vor Ort kooperieren können.

Für uns ist während des Ehrenamtes besonders spannend, stärkere Einblicke in Maßnahmen zur Erreichung der SDGs 1-5 zu bekommen.

  • SDG 1: Keine Armut
  • SDG 2: Kein Hunger (Hunger beenden, Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft)
  • SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen (Gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen zu fördern)
  • SDG 4: Hochwertige Bildung (Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern)
  • SDG 5: Geschlechtergleichheit (Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen)
  • SDG 10: Weniger Ungleichheiten (innerhalb und zwischen Staaten)

Unsere eigenen Tätigkeiten im Ehrenamt haben insbesondere auf SDG 5 und SDG 10 eine Auswirkung. Wir versuchen durch die Workshop-Ideen gezielt Frauen zu befähigen, zukünftig Jobs auszuüben und unabhängig werden zu können. Darüber hinaus werden durch Themen wie Gesundheit, Menschenrechte oder Hygiene die Eigenständigkeit gefördert und Lebensqualität langfristig verbessert.

Uns hat das Ehrenamt insgesamt geholfen, durch die Einblicke in eine andere Kultur und die Lebensweisen vor Ort ein stärkeres Verständnis über die verschiedenen Lebensstandards zu bekommen. Das Verständnis davon, dass die SDGs sich in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich ausprägen und der Bedarf an den Maßnahmen anders ausfällt, ist uns besonders aufgefallen. Vor allem durch das Projekt „Female Empowerment“ ist uns bewusst geworden, in was für einer privilegierten Lebensweise wir in Deutschland leben und sind sehr dankbar für die wertvollen Einblicke und die Möglichkeit des Lernens.

Von Nele Stephan & Lisa Ochmann

Hier geht es zur Website des Vereins ‚Häuser für Waisenkinder e.V.‘: https://haeuser-fuer-waisenkinder.de/

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