In der heutigen Zeit hat das Thema der Nachhaltigkeit eine starke Präsenz in unserer Gesellschaft und dennoch steigen unsere CO₂-Emissionen weiter an (Global Carbon Project 2021). Dabei ist der Überkonsum der Gesellschaft, der unter anderem durch unseren materialistischen Lebensstil getrieben wird, verantwortlich für den Großteil der CO₂-Emissionen (Tripathi und Singh 2016; Ivanova et al. 2016). Es ist wichtig zu verstehen, dass der übermäßige Konsum durch die hohe CO₂-Emission langfristig unserer Umwelt und zukünftigen Generationen schadet (Tripathi und Singh 2016). Es gilt, die CO₂-Emissionen eines jeden Einzelnen (der sogenannte CO₂-Fußabdruck) zu reduzieren, um die Klimaerwärmung unterhalb der 1,5 °C-Grenze zu halten und Klimakatastrophen in der Zukunft zu minimieren (Masson-Delmotte et al. 2018).
Die 1,5 °C-Grenze, die von Experten als kritische Schwelle angesehen wird, kann dennoch erreicht werden, wenn wir heute handeln. Eine Lösung bietet ökologischer Konsum. Ökologischer Konsum ist das Kauf- und Nutzungsverhalten von Personen mit dem ultimativen Ziel, die negativen Konsequenzen auf unsere Umwelt zu minimieren. Die Wahl eines Produktes mit einem geringen CO₂-Fußabdrucks ist dabei eine Möglichkeit für ökologischen Konsum (Antil 1984; Gleim et al. 2013). Problematisch ist, dass Konsumierende zwar häufig angeben, Produkte mit einem geringen CO₂-Fußabdruck zu wählen, in der Realität allerdings oftmals weiterhin Produkte mit einem eher hohen CO₂-Fußabdruck konsumieren. Mögliche Gründe können finanzielle Barrieren (z. B. ein zu hoher Preis) oder physikalische Barrieren (z. B. eine schlechte Produktqualität oder -verfügbarkeit) sein.
Zwar hat REWE eine Form der Anzeige des CO₂-Fußabdruckes im Supermarkt während des Veganuary getestet, in wissenschaftlichen Ausarbeitungen wurde dieser Nudging-Ansatz allerdings noch nicht überprüft. Aus diesem Grund habe ich im Rahmen eines abschließenden Forschungsprojektes in zwei Laborexperimenten die Anzeige des CO₂-Fußabdruckes als Nudge experimentell analysiert. Neben der Mobilität (die Wahl einer Reisemöglichkeit nach Paris) wurde zusätzlich die Ernährung (der Kauf einer Schokolade) sowie digitales Streaming (die Wahl eines Endgerätes) als Szenarien überprüft. Die Ergebnisse der Experimente sind vielversprechend. Bei Kaufs einer Schokolade konnte der CO₂-Fußabdruck einer Person um bis zu 440 g, bei der Wahl einer Reisemöglichkeit um ca. 20 kg und bei der Wahl eines Gerätes zum Streamen wiederum um etwa 20 g pro Entscheidung einer Person gesenkt werden. Zwar scheinen die Effekte zum Beispiel bei der Wahl eines Gerätes zum Streamen marginal zu sein, viele Konsumentscheidungen von einer Vielzahl an Personen hingegen erzielen in Summe einen hohen CO₂-Fußabdruck. Wenn weltweit beispielsweise alle Netflix-Abonnenten für zwei Stunden Streaming den CO₂-Fußabdruck um 20 g reduzieren, bedeutet das bei einer Streaming-Zeit von 365 Stunden im Jahr eine Reduktion des CO₂-Fußabdruckes um mehr als 800 Tausend Tonnen (Netflix 2022).
Lukas Zelek
Literaturverzeichnis:
Antil, John H. 1984. „Socially Responsible Consumers: Profile and Implications for Public Policy“. Journal of Macromarketing 4 (2): 18–39. https://doi.org/10.1177/027614678400400203.
Demarque, Christophe, Laetitia Charalambides, Denis J. Hilton und Laurent Waroquier. 2015. „Nudging Sustainable Consumption: The Use of Descriptive Norms to Promote a Minority Behavior in a Realistic Online Shopping Environment“. Journal of Environmental Psychology 43 (September): 166–74. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2015.06.008.
Gleim, Mark R., Jeffery S. Smith, Demetra Andrews und J. Joseph Cronin. 2013. „Against the Green: A Multi-Method Examination of the Barriers to Green Consumption“. Journal of Retailing 89 (1): 44–61. https://doi.org/10.1016/j.jretai.2012.10.001.
Global Carbon Project. „CO2-Ausstoß weltweit in den Jahren 1960 bis 2020“, November 2021. http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions.
Ivanova, Diana, Konstantin Stadler, Kjartan Steen-Olsen, Richard Wood, Gibran Vita, Arnold Tukker und Edgar G. Hertwich. 2016. „Environmental Impact Assessment of Household Consumption: Environmental Impact Assessment of Household Consumption“. Journal of Industrial Ecology 20 (3): 526–36. https://doi.org/10.1111/jiec.12371.
Münscher, Robert, Max Vetter und Thomas Scheuerle. 2016. „A Review and Taxonomy of Choice Architecture Techniques“. Journal of Behavioral Decision Making 29 (5): 511–24. https://doi.org/10.1002/bdm.1897.
Netflix. 2022. „Abonnenten weltweit bis 2022“. Oktober 2022. https://s22.q4cdn.com/959853165/files/doc_financials/2022/q3/FINAL-Q3-22-Shareholder-Letter.pdf.
REWE. 2023. „Neue Angebote: REWE weist erstmals Klimapreise für Lebensmittel aus“. REWE Presse. 10. Januar 2023. https://mediacenter.rewe.de/pressemitteilungen/rewe-weist-erstmals-klimapreise-aus.
Sun, Jennifer J., Silvia Bellezza und Neeru Paharia. 2021. „Buy Less, Buy Luxury: Understanding and Overcoming Product Durability Neglect for Sustainable Consumption
Thaler, Richard H. und Cass R. Sunstein. 2008. Nudge: improving decisions about health, wealth, and happiness. New Haven: Yale University Press.
Tripathi, Avinash und Manvendra Pratap Singh. 2016. „Determinants of Sustainable/Green Consumption: A Review“. International Journal of Environmental Technology and Management 19 (3/4): 316. https://doi.org/10.1504/IJETM.2016.082258.