Digitalsustainable

Das Duett zwischen Digitaler Transformation und Nachhaltigkeit

Goldgräberstimmung in der Tiefsee

Am 08.06.2023 findet der World Ocean Day statt. Dann wird wieder viel über Themen wie Überfischung, Verunreinigung und Überhitzung gesprochen. Ein bisher weniger beleuchtetes Thema ist der Tiefseebergbau. Ich möchte die Chance nutzen, um ein wenig Licht auf dieses Politikum zu werfen.

Kobalt, Kupfer, Nickel – diese drei Rohstoffe stehen in den letzten Jahren im Kern vieler strategischen Überlegungen. Unsere Transformation hin zu einer nachhaltigeren und vor allem digitalen Gesellschaft fußt auf der Nutzung dieser drei Elemente. Diverse Staaten, Forschungsgruppen und private Unternehmen arbeiten derzeit intensiv an einem sicheren Abbauprozess. Gleichzeitig warnen Vertreter unterschiedlicher Forschungsbereiche vor den unbekannten Folgenden des Tiefseebergbaus.

Im Zentrum des Interesses stehen sogenannte Manganknollen (polymetallische Knollen). Hierbei handelt es sich meist um kartoffelgroße, rundliche Ablagerungen von mineralischen Sedimenten, die sich auf dem Meeresboden bilden. Sie bestehen hauptsächlich aus Mangan (~ 27%), jedoch liegt das Hauptinteresse auf den durchschnittlichen 3%, die aus den Buntmetallen Kobalt, Kupfer und Nickel bestehen (BGR – Objekt des Quartals – 09/06: Manganknollen – ‚Trüffel‘ der Tiefsee (bund.de).

Manganknollen gibt es in vielen Meeresregionen. Vier der weltweit größten Vorkommen befinden sich beispielsweise in der Clarion-Clipperton-Zone (Westküste Mexikos), dem Peru-Becken, -Becken (Cookinseln) und im Indischen Ozean (Manganknollen « World Ocean Review).

Der Abbau der Manganknollen, die meist in Tiefen zwischen 3500 und 6500 Metern auf Tiefseeebenen zu finden sind, ist auf den ersten Blick gar nicht so kompliziert. Mithilfe von Unterwasserfahrzeugen können die auf dem Boden liegenden Knollen einfach eingesammelt werden. Beim Abbau dieser Knollen gibt es eine Reihe von Problemen, die aktuell wissenschaftlich wie politisch heiß diskutiert werden.

Eines dieser Probleme ist, dass der Meeresboden schlichtweg nicht vergisst. Die Spuren eines 1989 durchgeführten Abbaus von Manganknollen zu wissenschaftlichen Zwecken können Jahrzehnte später immer noch beobachtet werden. Die beim Abbau entstehenden Verwirbelungen der Sedimentschichten könnten das Ökosystem empfindlich beeinflussen und zu ungeahnten Konsequenzen führen (Tiefseebergbau: Die Jagd auf Rohstoffe im Ozean alarmiert Umweltschützer – manager magazin (manager-magazin.de).

Zudem sind viele Manganknollen radioaktiv verseucht – ein weiteres Problem, das erst kürzlich in einem Paper (Volz et al. 2023) im Journal Scientific Reports thematisiert wurde. Teilweise überschreiten die Strahlenwerte die in Deutschland festgelegten Grenzwerte um das Hundertfache. Damit zeigt sich, dass der Abbau von Manganknollen nicht nur Konsequenzen für die Meeresökosysteme haben, sondern auch potenziell gesundheitsgefährdend für den Menschen sein kann (Alpha radiation from polymetallic nodules and potential health risks from deep-sea mining | Scientific Reports (nature.com).

Wie so häufig gilt es auch in diesem Fall die Interessen unterschiedlicher Gruppen gegeneinander abzuwägen. So haben wir auch hier auf der einen Seite Vertreter der Wirtschaft, die darauf drängen, den Abbau zu beschleunigen, um die dringend benötigten Ressourcen für die oben genannte Transformation zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite stehen Vertreter unterschiedlicher Naturwissenschaften, die vor den potenziellen Gefahren beim Abbau von Manganknollen warnen.

Und wie so häufig wird sich auch in diesem Fall eine Entscheidung ergeben, die darauf fußt, wie viele Menschen sich hinter der einen oder anderen Gruppe vereinen. Ziel dieses Beitrags ist nicht, die Argumente für oder gegen den Abbau aufzustellen. Stattdessen möchte ich darauf hinweisen, dass es sich um einen potenziell kritischen Scheideweg handelt und noch ein wenig Zeit vorhanden ist, um sich für die eine oder andere Seite zu engagieren.

Adrian Imeri

Goldgräberstimmung in der Tiefsee